Ich Spezialist lüge? Vorsicht, Satire.

 

 

 

Es gibt mehr Leute, die den Ausführungen eines Fachspezialisten á priori nicht glauben, als jene, die den Worten kritisch-vertrauensvoll folgen. Ihre Anzahl erhöht sich noch um die Zahl jener Fachspezialisten aus derselben Disziplin, die ihrem Kollegen die Ausführungen neiden oder sie als nicht ausreichend oder als gänzlich falsch hinstellen, oder sie können ihn/sie schlicht nicht ausstehen. Sie unterscheiden sich von den anderen Ungläubigen dadurch, dass sie die Ausführungen – und damit ihn/sie – verachten. Sie hätten das meiste der Darlegung weggelassen und notwendigerweise vieles andere hinzugefügt, m.a.W.: sie hätten es „richtig“ gewusst. Die anderen Leute misstrauen dem Spezialisten lediglich, sofern sie sich überhaupt mit ihm befassen. Die Uninteressierten stehen hier nicht zur Debatte.
Wenn ein Laie einer fachlichen Ausführung nicht glaubt, so liegt das an dreierlei Ursachen. Die erste Ursache ist die, dass er nur aus seinem fehlenden bis geringen Wissensstand heraus zuhören bzw. den fachlichen Schriftsatz aufnehmen kann. Er muss, ausgehend von dem, was er weiß, in ein höheres Ungewusstes extrapolieren, eine große Herausforderung. Die zweite Ursache liegt im Fehlen oder in der Schwäche seines die Ausführung relativierenden Assoziativvermögens. Er muss, ausgehend von dem, was er weiß, Bezüge zum höheren Ungewussten herstellen, nahezu eine Unmöglichkeit. Die dritte Ursache sind die allgemeinen Vorurteile, die uns ja allesamt plagen. Die Folgen daraus, dass beispielsweise eine sehr wichtige Person nicht glaubt, was ein weniger wichtiger unternehmerischer Entscheidungsträger weiß, reichen von den leichten bis hin zu den schwerwiegenden Nachteilen für das allerwichtigste Firmengeschäft: Gewinn einfahren.
Beispiel:
Der Beweis lag vor, dass ein nicht zu kaufendes, daher selbst zu entwickelndes technisches System zu großen ökonomischen Vorteilen führen kann, die in der Produktefertigung dem Unternehmen beträchtliche Gewinne durch Personal- und Apparate-Einsparung bringen würden. Der Nachteil der nicht geringen Einmal(!)-Investition plus Entwicklungs- und Herstellzeit war rechnerisch verdeutlicht, was spontan zur Ablehnung durch die Administrations- und Geschäftsleitungsinstanz führte. Der Vorteil war der folgende: Viele Mitarbeiter/innen behielten ihren Arbeitsplatz an den manuell einzustellenden altertümlichen Maschinen, die – zu Marktnachteilen – die Produkte ebenso teurer werden ließen wie das (theoretisch nicht mehr notwendige) Personal.
Wissen einen anderen wissen lassen sollte in dessen Sprache erfolgen, misslingt aber dennoch oft („ein jeder hört ja nur, was er versteht“). Fachleute dünken sich eben als eitle Alleswisser. Wo die Eitelkeit anfängt, hört der Verstand auf, sagt schon Marie v. Ebner-Eschenbach.
 
Allerdings: Wessen Verstand?