Aus dem Privat-ArchivWas hatte der Rendsburger Unternehmer und Reeder Konsul Thomas Johann Gottfried Entz-v. Zerssen (1899-1970) mit Sylt zu tun? Vieles. Sein Haus „Windliese“ in Kampen war jährliche Sommerresidenz der Familie, ein Teil seiner seegehenden Frachter trug Sylter Ortsnamen, er legte auf Seeleute von den nordfriesischen Inseln und Halligen großen Wert, wie er es mir selber einmal sagte. Mit dem von Knud Ahlborn geleiteten „Verein Naturschutz Insel Sylt e.V.“ hielt er als Vorsitzender des „Vereins der Kampener Freunde e.V.“ guten Kontakt, es ging ihm wie auch Axel Springer, Netty Nann, Harald Hansen, Henry Koehn, Margarete Ochel, Margret Lützen und weiteren in erster Linie darum, dem einsetzenden Bauboom ab Mitte der 1950er Jahre zum Erhalt der noch weiten dörflichen Heideflächen deutliche Grenzen zu setzen. Engagiert warb Thomas Entz, der sich auch für den Morsumer Golfplatz einsetzte, um Mitglieder. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, Innenminister Schröder, Lorenz Hagenbeck, Ernst Petzold, Emmi Leisner, Karl Klasen und viele weitere Personen unterstützten das letztlich aussichtslose Vorhaben gegenüber den Prozessen jener, die eine Bebauung juristisch erzwingen wollten – vielfach mit Erfolg. Vereinsauflösung war am 13. Juli 1976.

Aus dem Privat-ArchivEin russischer Soldat, ein Liebespaar, ein von einer Flak abgeschossener Jagdbomber, Danzig unter Beschuss – gezeichnet von einem 11- bis 14-/15-jährigen Schüler, dessen Großfamilie 1946 aus Danzig vertrieben wurde und – nach Zwischenstation Dagebüll – auf Sylt landete. Zwei schulunterrichtsfreie Kriegsjahre in seiner durch feindliche Angriffe drangsalierten Heimatstadt führten dazu, dass man Hänner, drei Jahre älter als ich, 1947 in unsere Schulklasse steckte. So begann unsere lebenslange Freundschaft: Ein Glücksfall, der durch die 1949 erfolgte Zwangsumsiedlung nach Erolzheim, Kreis Biberach a.d. Riss, nicht beendet wurde. Besuche dort, später in Mülheim a.d. Ruhr, in Friedrichstadt und auf Sylt vertieften die in zahlreich wechselseitiger Korrespondenz ausgetauschten und vielfach übereinstimmenden Neigungen zur Musik-, Film- und Fotokunst und unsere Kritik an gesellschaftspolitischen Handlungen und Vorgängen. Seine frühkünstlerische Kreativitätsausübung versiegte, denn handwerkliche Ausbildung, Familiengründung, Beschäftigung mit familiären, gesellschaftsethischen und religiösen Fragen gewannen Vorrang – neben der Hingabe am praktischen Umgang mit Tasten und Knöpfen klangvoller Musikinstrumente. Sein Mitwirken im schulischen Klassenverband wirkte auf Sylt viele Jahre nach, auch bei Lehrkräften, die uns unterrichtet hatten.

Aus dem Privat-ArchivEinweihungsfeier am 1. Juni 1927 des seit 1923 im Bau befindlichen, nun fertiggestellten Hindenburgdamms. Auf welcher Straße in Westerland die Gruppe 35 entlangmarschiert, ist unbekannt, doch links neben dem vorderen Fahnenträger bzw. an dessen rechter Seite stiefelt unser späterer Vater mit, hier erst 21 Jahre alt. Reichspräsident Paul v. Hindenburg reiste per Bahn über das 11 Kilometer lange, das Wattenmeer durchtrennende Bauwerk nach Westerland und eröffnete den Bahnverkehr zwischen Insel und Festland über die neue eingleisige Schienenstrecke. Bald wurden Straßenverkehrsfahrzeuge auf Pritschenanhängern zur Insel und zurück transportiert. Vorstellungen einer Kfz.-Fahrbahn links und rechts zum Gleiskörper gab es immer wieder und wird es immer wieder geben, um Sylt in subjektiver Bequemlichkeit zu erreichen, selbst wenn eine Mautgebühr dem Kostensatz des Bahntransports entspräche. Schwerwiegende Folgen am Sylter Straßenverkehr werden egoistisch ignoriert oder naiv nicht bedacht. Ihr Götter, behütet uns vor gleichdenkender Kommunal- und Landespolitik!

Aus dem Privat-ArchivGut gekleidet fühlte man sich als Jugendlicher wohl, auch ein Zeichen der bald anbrechenden „Wohlstandsjahre“, nachdem 10 Nachkriegsjahre verstrichen waren, in deren Anfängen von einem „Wohlstand“ nicht geträumt werden konnte, dafür davon, dass „es irgendwie besser“ werden muss. Die Friedrichstraße war inzwischen gut befahren. Wer als Prominenter oder als ein solcher sich Fühlender viel auf sich hielt, der ließ sich im Café Orth bestaunen. Im Radiohaus Schröter, am Tresen in der Schallplattenbar, hörte man sich im ohrbequemen Ohrhörer den neuesten Elvis Presley- oder Caterina Valente- oder sonst einen Song an, kaufte schräg gegenüber bei Annemarie Rehm belgische Pralinen oder bei Schuh-Wahrig eine ausgefallene Fußbekleidung. China-Bohlken zeigte in den Schaufenstern die Preisschwelle, ab der ostasiatische Porzellankunst zu haben war, was dazu führte, dass Normaljungleute z. B. der höheren Schulklassen wie (von links) Uwe Volquardsen, Werner Holst, Uwe Leißner und ich ziemlich ungerührt daran vorbei gingen, obwohl unser Outfit klar machte, dass ein solches Objekt locker würde bezahlt werden können... Aber es zog uns ja auf die mit prallem Leben gefüllte Strandpromenade und dort in die gemütliche Lesehalle, wo Fremde und Einheimische saßen, auch manches schmucke Fräulein, und in den neuesten Zeitschriften blätterten. Uwe („Masche“) Leißner verdiente sich ohnehin als Page im Strandcasino sein notwendiges Kleingeld, um sich die tägliche Schachtel Ernte 23 zu sichern. In Wahrheit jedoch, in Wahrheit gab man sich der Öffentlichkeit in Schlips und Kragen hin, damit die Wahrscheinlichkeit stieg, von jungen Mädchen wohlwollend beachtet zu werden. Auch diese hielten ja in kleinen Gruppen Ausschau nach jungen Männern, das war auf der Strandpromenade am Augenfälligsten, und überhaupt war so etwas in den 1950er Jahren eine echt spannende Geschichte.