Handelsseefahrt 1954 bis 1959

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

MS „KONSUL SARTORI“

Das war ein besonderes Schiff. Man konnte seine Masten klappen, damit es unter den Brücken rheinaufwärts bis Duisburg fahren konnte. Wir aber fuhren nicht rhein-, dafür St. Lorenz- oder Essequibo-River-aufwärts, oder durch den Panama-Kanal nach Costa Rica und El Salvador, oder durch die Großen Seen in allerlei Häfen und bis 'rauf nach Milwaukee und Chicago. Dieser Sartori & Berger-Frachter war an die HAMBURG-CHICAGO-LINIE verchartert, so dass man hoffen durfte, ein paar Trips nach Kanada und zurück zu machen. In Toronto besuchte ich meinen Bruder Uwe, Vetter Helmut und weitere Sylter junge Leute, die auf diesem Kontinent glaubten, ihr Glück zu finden, was letztlich nicht gelang – fast alle landeten wieder auf der Heimatinsel. Bruder Uwe, Vetter Helmut und ich fuhren in einem alten Ford über Hamilton (wo sie wohnten) zu den Niagara-Fällen, die sich im Sonnenlicht, später in farbenfrohem Kunstlicht zeigten.

MS „Konsul Sartori“Rhein- und Ozeanfrachter MS „Konsul Sartori“. Wir wurden ahnungslos und unverhofft auf einen längerwährenden Karibiktörn zur Trampfahrt umverchartert. Am Ende dieser langen Monate hieß es, dass wir für ein weiteres Jahr Zucker nach Hawaii und anderes nach Kuba zurück transportieren sollten. Kuba war ab Anfang 1959 ein besonders turbulentes Land. Wir wurden in Havanna für etliche Tage Zeugen der alltäglichen Nachfeierei des Einmarsches der abenteuerlich uniformierten Kombattanten Fidel Castros. Drei blonddeutsche Kerle im Halbstarkenalter gehörten in ihrer furchterregenden Kämpferkluft mit sich kreuzenden Patronengurten vor der Brust dazu. Lange Tage kümmerte sich kein Kubaner um unser Schiff, das unweit der Miami-Bar an der Pier vor sich hin lag. Unter der starken Festungsanlage zur anderen Seite der Hafeneinfahrt hatten wir zunächst auch schon warten müssen. Abends vernahm man deutlich und in zeitlichen Abständen Maschinengewehrsalven, die so manchen Batista-Mitläufer in den Tod beförderten.

Auf MS „Konsul Sartori“Rhein- und Ozeanfrachter „Konsul Sartori“ wackelt ab Windstärke 4. Kapitäne waren H. Hagenah, dann Breckwoldt; Erster Offizier war ... Schreyer, Zweiter Offz. E. Schönhoff, Dritter Offz. G. Müller-R., Erster Ing. war R. Müller, Zweiter Ing. O. Grassmann, Dritter Ing. O. Hannemann. Funkoffizier war Otto-Ernst Sankowsky. Matrosen waren Hein David, Jürgen Klein, Klaus Teike, Erich Andersen. Leichtmatrose war Manfred Sager, Jungmann war Jürgen Ostermann. Als Reiniger fuhren Horst-Georg Basse und Herbert Zinke. Koch war Walter Vogt, Steward war Siegfried Schwemmer. Es war ein Abenteuer der besonderen Art, auf diesem Schiff gewesen zu sein.

Wir fuhren (soweit meine unvollständigen Notizen es hergeben):
Hamburg – St. Johns auf Neufundland – Father Point – Rimouski (hier war ich einige Tage im Hospital, es wurde nur französisch gesprochen, mein Schulfranzösisch war sehr gefordert) – Montreal (mit dem Nachtzug im Schlafabteil bis hierhin dem Schiff hinterher) – Toronto – Detroit – Chicago (hier wurde ich 21 Jahre alt und bekam in einer Bar bis 0:00 Uhr keinen Tropfen Alkohol im Gegensatz zu den von mir Eingeladenen, sofern sie älter waren) – Milwaukee – Detroit – Cleveland – Toronto – Montreal – Guanta (Venezuela) – La Guaira (zu dritt in halsbrecherischer Taxifahrt um steil aufragende Felswände herum serpentinenaufwärts nach Caracas, sicherheitshalber über die Autobahn abwärts zurück) – Porto Cabello – Willemstad (Curacao) – Maracaibo – Baranquilla – Port of Spain (Trinidad) – Georgetown (Britisch-Guayana) – Bartica (den Essequibo acht Stunden hoch, nach einer Woche acht Stunden edelbaumstämmebeladen zurück) – Georgetown – Man of War Island (Nicaragua), hier blieben wir über Weihnachten und hatten mangels ausreichender Nahrung an Bord in der Abenddämmerung mit aufblitzenden Taschenlampen auf dem Korallenriff Langusten zu fangen, die dann eimerweise an Bord ausgeschüttet wurden – Bluefields (Nicaragua) – Puerto Cabezas – Prinzipolca – Tampa (Florida) – Houston – Cristobal (Panama) – Panamakanal – La Union (El Salvador) – La Libertad – Puerto Somoza (Nicaragua) – Cristobal – New Orleans (hier lagen wir nach Ladung löschen drei Tage auf dem Mississipppi zwischen zu verschrottenden Libertyschiffen vor Anker, um auf Order der Reederei zu warten, und gingen dann mit unbestimmtem Ziel auf See) – Havanna – Beaumont (Texas) – Houston – Havanna – Jacksonville – Houston – Montreal – Quebec – Le Havre – Rotterdam – Hamburg.
Eine neue Komplett-Besatzung nahm das Schiff ein.