Handelsseefahrt 1954 bis 1959
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TMS ELISABETH ENTZ
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1955 ging ich als Jungmann an Bord. Das Schiff kam von See her
unbeladen aus dichtem Nebel heraus in die Holtenauer Schleuse wie ein haushoher gigantischer Schatten. Es war mit Backbord-
und Steuerbordmaschine und zwei zugehörigen Antriebsschrauben ausgerüstet. Über die niedergelassene Staatstreppe
stieg ich, den Seesack geschultert, aufwärts an Deck. Kapitän war F. Petersen aus Flensburg, ein kleiner, drahtiger
und, wie es sich bald zeigte, angenehm anweisungsdeutlicher Mann. Wollte er über das Schanzkleid der Brückennock
hinunter an Deck oder rundum in die vorausliegende Welt schauen, so nutzte er dafür einen stets bereitstehenden
Schemel. Erster Offizier war A. Weichlein, ein Akkordeonspieler wie ich, aber musikalisch versierter als ich. Als Zweiter Offizier
fuhr Melles, als Dritter Hermann Berg (später Lotse). Chefingenieur (Chief) war Dolata, die weiteren Ingenieure hießen
Behrends, Johannsen, Maasland und Röhring.
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An Deck arbeiteten Bootsmann Emil Hansen, Matrosen Fritz
Ralle, Günther Sjöström, Uwe Tagge, Heinrich Kock, Franz Naefe (dann Ludwig Lohmann), Leichtmatrosen
Rolf Rönnau, Horst Fuhlendorf, Jungleute Erich Andersen, Peter Guth, und zwei Schiffsjungen, deren Namen ich nicht
mehr erinnere. In der Maschine werkten Ernst Cohr, Charly Matthäi, Julius Gerdsen, ... Brettschneider, ... Sparberg,
... Masau und weitere. Wir waren wohl 45 Mann an Bord. Als Pumpmann fungierte Herbert Guth. Herbert Guth rauchte seine Pfeife
im tiefen Pumpenraum, obwohl das streng verboten war. Er sagte: Das Öl ist so dick, da explodiert nix. Niederviskoses
Öl zu transportieren war mit diesem Schiff nicht mehr zulässig. Der Tanker war alt und zwischen den zahlreichen Tanks
von allerlei Mikrolecks befallen. Hydraulikrohrleitungen unter den Laufbrücken vorne und achtern mit dem
Spezialhammer zu entrosten war streng verboten.
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Wir machten lange Reisen, hatten lange
Seetörns um den halben Globus. Fritz Ralle, Julius Gerdsen und ich (rechtes Foto von links nach rechts) kamen von
unserer Heimatinsel Sylt, Fritz aus Tinnum (später Westerland), Julius aus Munkmarsch, ich aus Westerland. Chefsteward
war Julius Penns aus Brunsbüttel, Steward war Eduard Neustadt, Schiffskoch Alois Berger, Bäcker Hermann Wulff aus
Wilhelmshaven. Elektriker war ... Kleinwächter, der Funkoffizier hieß E. Kessler. Schiffsdaten: TMS ELISABETH ENTZ
DJOJ 20.9./Dezember 1928 Eriksbergs MV AB, Göteborg (225) 9627/5668 27273/16057 14410 144,63-19,57-11,43-11,28 m 2 Mot. HD
4Te 6x630/1300 4500 (124) 2 Schrauben Werft Dalfonn S.S. Bergesen, Stavanger (No.). 1929 Skibs AS Dalfonn (wie vorher).
1935 (S. Bergesen). Im II. Weltkrieg unter alliierter Kontrolle. 1949 Mostun Neptune Shpg. Co. AS (A.S. Gladstad),
Farsund. 6.6.1950 Übern. in Hamburg Elisabeth Entz Thomas Entz Tanker GmbH., Rendsburg (Ge.). 16.9.1960 an
Hirao zum Abbruch.
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Tropenmonate, Eiswochen, Langtörns Odessa-Buenos Aires,
Konstanza-Örnsköldsvik, Las Piedras-Oslo usw., Orkanstürme, Ruderrad-Ruderblatt-Hydrauliksteuerung,
drei Tage Maschinenreparatur in Gibraltar, Äquatortaufe ... Meeresgott Neptun naht mit seiner brüstestarken
Meeresgöttin Thetis, die lüstern der Begegnung mit zahlreichen jungen, nordisch-exotischen, seemännisch-knackigen, ihr noch
unbekannten Nordhalbkugel-Äquatortäuflingen unverkennbar entgegenfiebert.
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Im Oktober 2002 kam das folgende Korrekturschreiben. Manfred
E. Dorsch schrieb: ...ich habe sehr interessiert Ihre Seite über die "Elisabeth Entz" gelesen.
Viele Erinnerungen wurden wach, war ich doch als Junge mehrere Male an Bord zu Besuch bei meinem Vater. Dieses
Schiff war u.a. der Auslöser, daß wir uns in Kiel niederließen: Im Mai 1956 lag "E.E." bei
den Kieler Howaldtswerken an der Werft und mein Vater stieg dort als 2. Offizier ein. Wir waren gerade frisch aus
der "DDR" gekommen und meine Eltern glaubten, Kiel mit dem Kiel-Kanal sei ein günstiger Standort
für uns. Tatsächlich passierte mein Vater dann aber nur wenige Male den Kanal. Sie schreiben "Funker
war E. Kessler, später Herr Dorsch." Kann es sein, daß Ihre Erinnerung in diesem Punkt irrt?
Von 1956 bis 1959 fuhr mein Vater auf dem Schiff als 2. und 1. Offizier, im Juni 1959 übernahm Erich Dorsch
TMS "Elisabeth Entz" als Kapitän und lieferte das Schiff am 24.9.1960 an die Abwrackwerft in Hirao/Japan
zur Verschrottung an. Bei Bedarf kann ich Ihnen gerne ein Foto zur Verfügung stellen, das die letzte Besatzung
der "E.E." an Deck angetreten zeigt. Bis 1966 führte Kapitän Dorsch dann die Entz-Schiffe
"Bertha Entz" und "Helma Entz". Beste Grüße von der Kieler Förde nach Westerland,
Manfred Dorsch Ein Gästebucheintrag von Anfang Oktober 2002 von Hartwig Henke: Hallo Herr Andersen, bin
soeben von einem ehemaligen "Zerssenfahrer" auf Ihre Homepage aufmerksam gemacht worden. Diese Einrichtung kann ich nur
begrüssen. Insbesondere auch deshalb, weil sich die "Ehemaligen" auf eine einfache Art und Weise über die
früheren Zeiten austauschen können. Im Jahr 1959 stieg ich als Moses auf der "Elisabeth Entz" ein und bin
als treues Mitglied der Reederei im Rahmen der Ausbildung bis zum "A6" auf allen Schiffen der Flotte gefahren. Nach
Aufgabe der Reedereiaktivitäten übernahm mich dann die Reederei Harald Schuldt in Hamburg. Heute bin ich
stellvertr. Leiter der Schifffahrtsverkehrsverwaltung in Hamburg (Oberhafenamt) und gehöre noch zu denen, den der
Beruf Freude macht!! Vielleicht erinnert sich einer der Kameraden von früher an mich? Ein späterer
Nachtrag: Das Tankschiff "Elisabeth Entz" habe ich (als Jungmann) mit zur Verschrottung nach Japan gebracht. Vorher
waren wir noch auf der Halbinsel Sachalin. Ich muß prüfen, ob noch Unterlagen zur Verfügung stehen. Bis
bald, mfg H. Henke.
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Auf TMS ELISABETH ENTZ erhielten viele Bordmitglieder, so auch ich,
die Äquatortaufe innerhalb eines nahezu ganztägigen Zeremoniells. Das war auf der Reise von Odessa nach Buenos Aires
und natürlich vor und nach der Überquerung der dünnen Äquatorlinie... Kapitän Petersen sang während
der Nachfeier oft und laut diametral gegen meine Akkordeonlieder. In Würdigung seiner Autorität versuchte ich,
meine Spielerei seinen Basstönen anzupassen. Das schlug aber fehl und hatte zur Folge, dass er sein noch viertelgefülltes
Bierglas über den unschuldigen Akkordeonbalg leerte. Mein teures Schifferklavier gab Misstöne von sich. Ich hatte es
vor kurzem erst gekauft. Ich hoffte, dass der Erste Offizier A. Weichlein mich mit seinem Musikinstrument ablöste, doch leider
war das nicht der Fall. Er kannte den Alten eben besser als ich. In Gibraltar erfreuten uns an einem Abend
glutäugige Kastagnettendamen mit ihrem Tanz und feurigem Singsang in einer Bar. Sie waren um ein Vielfaches hübscher als
Thetis, jene Oolsch des griesgrämigen Meeresgottes Neptun. Die ständige Übelgelauntheit des Neptun war
nicht zu verwundern, wusste er doch, dass sein Weib während der Äquatortaufzeremonie angesichts der vielen und zumeist
jungen Täuflinge allerlei innere Sinnenfreuden durchlebte. Wir fuhren (nach unvollständigen Notizen) Holtenau
Konstanza (Rumänien) Örnsköldsvik (Schweden) Husum (Schweden) Odessa Gibraltar
Buenos Aires Las Piedras (Venezuela) Bajo Grande (Venezuela) Aruba Willemstad Antwerpen
Amuay Bay (Venezuela) Aruba Vallö (Norwegen) Steilen (Norwegen) Oslo Amuay Bay
(Venezuela) Aruba Oslo Kiel. In Kiel musste das Schiff vergast werden, vielmehr die Wanzen
und Kakerlaken an Bord mussten vergast werden. Die meisten Leute musterten ab, so auch ich. Das war im Wonnemonat Mai
1956.
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