Diesen klug durchdachten Aufsatz (er befindet sich in meinem Buch „Volkshochschule im Dünensand“) an dieser Stelle zusätzlich zu veröffentlichen wäre nicht nur im Sinne des Verfassers gewesen, wie sein Text es beweist, sondern ist auch mir eine große Freude. All-Geist, All-Leben, All-Grund – wir werden an das „Äußerste“ geführt und können über Lebenssinn und Lebenssinnerfüllung nachdenken, zwei Begriffe mit jeweils einer Bedeutung.

Magnus Weidemann (1880-1967), ev. Pastor und Kunstmaler

Grundbegriffe klären (Gott und Welt, Leben und Geist).
Diese Schrift hat viele Vorarbeiten gehabt, durch viele Jahrzehnte hindurch.

Magnus Weidemann und Frau
Ich habe früher einzelne Begriffe bedacht und geklärt. Endlich habe ich sie als „Grundbegriffe“ zuammengefasst, miteinander verwoben, und so eigentlich erst die gesuchte „Klärung“ gefunden. Nun heißt also mein Thema umfassend: „Grundbegriffe klären!“ Das ist die erste Frage: „Welche Grundbegriffe?“ Ich nenne die wichtigsten. Vom Menschsein gehen wir naturgemäß aus. Davon können wir nur im Zusammenhang mit dem Leben sprechen. Dieses ist eingeordnet in die Natur und in die Welt. Aber wir müssen noch weiter denken, ins Abstrakte hinein. So kommen wir an den Grundbegriff „Existenz“. Das ist ja durch die Existentialphilosophie ein allgemeingültiger und wirklicher Grundbegriff geworden.
Dann wäre die zweite Frage: „Warum – und wie – sollen die Grundbegriffe geklärt werden?“ Das Bedürfnis ist leicht zu begründen. In aller öffentlichen Literatur und auch im persönlichen Gespräch herrscht überall eine gewaltige Verwirrung durch Unklarheit, die zu Missverstand und Streit, ja zu leidenschaftlichen Gegensätzen führt. Man hat diesen Zustand fast schon als eine unvermeidliche Tatsache anerkannt, fand aber keine Lösung, keine Harmonie der Lebensanschauungen und findet sich in anscheinend unlösbarem Widerstreit. Doch die Gedanken gehen einen Irrweg – immer denselben! Wir werden irregeführt durch die Vieldeutigkeit unserer in Worten oft leichtfertig ausgedrückten Begriffe. Es ist geradezu lächerlich, wie wir so oft und überall einfach nur so hin sagen oder schreiben oder denken, hören oder lesen: „Der Mensch“, „Das Leben“, „Die Welt“, „Die Natur“. All dieses wie auch „Wirklichkeit“, „Wahrheit“, „Existenz“ bleiben vieldeutig und man merkt es gar nicht dabei. So verallgemeinert ein jeder die Begriffe leichtfertig so: Man denkt, dass mit demselben kurzen Wort auch jeder dasselbe meint und alles ebenso versteht wie man selbst. Um uns richtig zu verstehen und Streit zu vermeiden, müssten wir uns vor allem, wenn es sich um vieldeutige Grundbegriffe handelt, viel deutlicher und vorsichtiger ausdrücken. Da genügen kurze Schlagworte nicht. Wir müssen vielleicht auch neue Begriffe einführen. Vor allem müssen wir selbst unsere Grundbegriffe „klären“, um sie zu „begreifen“ und sie „klar“ ausdrücken zu können.
Meine Welt ist die Welt...

Was ist „Wirklichkeit“?

An diesem Grundbegriff, der wohl mit dem der „Existenz“ ziemlich übereinstimmt, scheiden sich die Geister. Wir meinen mit „Wirklichkeit“ wohl immer nur eine begrenzte, konkrete Existenz. Aber beides ist ja mehr! „Wirklich“ ist sinngemäß alles, was „wirkt“, was „wirksam“ ist. Das kann auch ein unbegrenzt abstraktes Denken, eine rein „geistige“ Wahrheit sein – also auch ein Grundbegriff. Alltägliche Begriffe sind konkret, also begrenzt. Grundbegriffe greifen weiter aus – bis ins Abstrakte hinein.
Was abstrakt und konkret bedeuten, begreift wohl jeder vernünftig denkende Mensch. Das ist auch „grundwichtig“. Alles, in der Wirklichheit und als Begriff, gilt auf eine doppelte Weise: konkret, also begrenzt, auf ein einzelnes bezogen, relativ – und abstrakt, also unbegrenzt, allgemeingültig, absolut: abgelöst, befreit, von jeder Begrenzung los. Ein „Nein zum Nein“, betont positiv. Was unbegrenzt gilt, das können wir auch als „allhaft“ oder „allsam“ bezeichnen – neue Ausdrücke, empfehlenswert wie auch „Allsamkeit“. Wir verallgemeinern oder begrenzen ahnungslos und vergessen die Doppelrichtung der Begriffe und auch der wirklichen Dinge in ihrer „Polarität“, wie man Doppeldenkbarkeit nennt. Ein anderes Fremdwort, das uns überall begegnet: „Eskalation“, Aufstufung: eine Skala ist wie eine Leiter, deren Stufen hinauf- und hinunterführen können. Eine Stufenfolge wie zum Beispiel Einzelheit – Vielheit – Gesamtheit – Allheit gehört zur Ordnung der Existenz der Dinge wie der Begriffe.

Unsere Klärung soll gründlich sein. Darum frage ich: Begreifen wir überhaupt, was ein „Begriff“ eigentlich ist? Gewiss ist er immer eine Denkform, nicht eine „Wirklichkeit“; eine Denkform in Wortform geprägt. Die Formung eines Gedankens ist schon ein großes Wunder und durchaus nicht „selbstverständlich“. Sie setzt vieles voraus und braucht einen langen Weg zur Entstehung. Nur Menschen und höchstentwickelte Tiere können in Begriffen denken, Tiere nur unvollkommen, im Inhalt auf den eigenen Lebenskreis begrenzt und eingegrenzt auf Instinkt und Gefühl. Menschen können theoretisch unbegrenzt und klar bewusst in festgelegten, geprägten Formen, ja Formeln denken; das setzt „Geist“ voraus, den nur sie anzuwenden wissen.
Zum Denken gehören das denkende Subjekt und ein Objekt oder mehr als eines. Die Objekte stehen in Beziehung zur Welt-Wirklichkeit. Auch das Denken selbst kann oder die Gedanken selbst können zum Objekt menschlichen Denkens werden. Denken ist eine Lebensfunktion. Es setzt die Lebendigkeit der Denkorgane, somit „das Leben an sich“ konkret und abstrakt voraus. Dem Menschen ist das Denken in Begriffen schon zur Gewohnheit gemacht, er findet alles dafür bereit und wundert sich nicht darüber. Am Anfang stehen Sehen und Hören, das Leben der Seele wie auch beim Tier. Die Augen geben uns ein Bild der Wirklichkeit und wir wissen, dass es ein Abbild ist. Wir hören Töne, auch geformte Worte, und wissen, was sie andeuten. Die logischen Zusammenhänge zur Wirklichkeit draußen vermittelt ein ganz besonderes Organ: das Gehirn mit seinem Nervensystem. So ist alles vorbereitet und führt zu seinem Ziel: die „Welt“ begreifen. Subjekt und Objekt sind eingeordnet in die absolute Wirklichkeit (Wirkung) der „Existenz“. Gehören „Begriffe“ und „Denken“ nun auch zur realen „Existenz?“ Das ist nicht unbestritten. Der Dialektische Materialismus („DIAMAT“) will eine Grenze dazwischen setzen. Ihm gilt als „Wirklichkeit“ allein die Materie samt ihrer formal-kausalen Bindung. Nur das „Konkrete“ ist ihm „Welt“ und „Natur“. Das „Abstrakte“ ist ihm Schein oder Phantasie. Diese Begrenzung haben wir hier schon abgelehnt. Wir haben das abstrakte „Leben an sich“ mit in die „Existenz“ als die „absolute Wirklichkeit“ eingeordnet. Gerade in der Existenz der All-Welt ist die Stufenfolge (Eskalation) von Anfang bis zum Ende hin und mit polarer Beziehung zum „Leben“ so evident, dass uns eine Gedankenbegrenzung auf das Konkret-Materielle unmöglich wird.
Zur Klärung der Grundbegriffe müssen wir uns die ganze Stufenfolge der „Existenz“ ins Bewusstsein rufen! Da sind zunächst Vorstufen, das „leblose Sein“. Die am meisten abstrakte Stufe des Daseins im Weltall zeigt uns das Licht. Unbegrenzt in Raum und Zeit und unsichtbar für uns wirkt es als eine Strahlung, die nur wir in Lichtgeschwindigkeit messen können. Trifft diese Strahlung auf etwas Konkretes, so wird sie gebrochen, abgelenkt, zerlegt und erst dann in Farben als Licht sichtbar. Damit wir sehen können, ist aber unser Leben selbst schon eine weitere Voraussetzung. Das Sonnenlicht ist bereits begrenzt, konkret und relativ. Wir erleben es in unseren Erdengrenzen. Es kommt uns schon fast nicht mehr „leblos“ vor. Zur Erscheinung (und zum Begriff) kommt zu uns die „Atmosphäre“ mit den Elementen Luft und Wasser in geordneter, ständiger Bewegung, und doch, im engeren Sinne, leblos, wie auch die mineralische und chemische „Natur“ leblos bleibt und damit im Grunde unsere ganze „Erde“. Tatsächlich: Nur „das Leben“ lebt, erkennbar in allem „Lebendigen“. Damit ist in der Existenz eine ganz besondere, einzigartige Stufe überschritten. Hier fängt eine ganz neue Daseinsstufe an. Oder genau gezählt: Drei deutlich aufgestufte Lebensreiche! Sie sind die eigentlichen Hauptstufen in der Existenz, wenigstens im Bereich unserer irdischen Umwelt. Diese drei Hauptstufen müssen wir besonders zu „begreifen“ versuchen, wenn wir verstehen wollen, was „Leben“ denn eigentlich ist. Im Pflanzenreich, im Tierreich, im Menschsein ordnet sich alles „Lebendige“ ein. Vergleichen wir das mit dem „leblosen“ Sein der oben genannten Vorstufen, dann muss uns sofort fühlbar werden, wie mit dem echten „Leben“ etwas ganz unvergleichlich Neues, Anderes in die „Existenz“ der „Welt“ hineinkommt! Auf diesen Stufenunterschied wollen wir nun achten.
Jeder der drei Lebensbereiche zeigt die eigenen Lebensphänomene. Aber nicht nur für sich selbst, sondern auch für die beiden anderen mit vorbestimmt und eng mit ihnen verbunden: durch „Leben“ auch als ein gemeinsames Miteinander. Die Polarität (Einzelheit, Allheit) wirkt sich aus, und durch alles hindurch auch die Aufstufung, hin zu einer Zielsetzung. Diese existiert – oder wirkt – an sich und abstrakt und wäre etwa als das „All-Leben“ zu begreifen und zu benennen.


Das Pflanzenleben

Eine Pflanze ist nicht ein Bruchstück von Materie. Sie ist ein als Individuum organisiertes Einzelwesen, ein Einzellebendiges, aber im Lebensverband mit Unzähligen seinesgleichen. In diesem Bezug hat jede Pflanze vor allem ihre Gestalt, ihre geprägte Gestaltung. Das ist wohl ein Grundkennzeichen des „Lebens“. Das haben auch die Tiere und die Menschen in ihrer Art, allerdings anders aufgestuft und organisiert.
Die Gestalt der Pflanzen ist bestimmt durch ihre Gebundenheit an einen festen Ort. Dafür bildet das Leben ihre Glieder als Wurzel, die am Erdboden festhält, als Stängel oder sonstige Verbindung für den Aufbau; daran einzelne Organe wie Blätter, Blüten und alles, was dem Aufbau, Fortbestand, Stoffwechsel und der Fortpflanzung dient. Denn das Lebendigsein der Pflanze ist auch zeitlich begrenzt, festgelegt in den Jahreszeiten und der Lebensdauer im Ganzen. Das sind die Erscheinungen und Bedingungen der Existenz, die sich nur für das Leben eignen. Hinzu kommt die feste Regelung der Formbildung im Teil und im Ganzen: Ordnung, Stil, Charakter der Art je nach dem bestimmten Lebensumkreis. Aber seltsamerweise nicht nur für diesen allein, sondern zugleich für vorbestimmte Leistungen im Dienste besonders auch für das Tier- und das Menschenreich. Die Pflanze schafft nicht nur Nahrung für sich, sondern auch für das Leben der nächsten Stufen. So vielseitig wirkt sich die Lebendigkeit auch als „All-Leben" aus!


Das Tierleben

An dem, worin das Tierleben dem Pflanzenleben gleicht, erkennen wir deutliche Wesensmerkmale des „Lebens an sich“ – und doch auf einer anderen Stufe. Was ist anders? Besonders die Möglichkeit der freien Eigenbewegung ist anders, und hier gehört etwas dazu; das gibt ein ganz anderes Leben. Hier muss man mehr von der Welt kennen, also erkennen, also: sehen können! Dadurch weiß man, was es in der Welt gibt, und natürlich weiß man erst jetzt, was und wie man selbst ist! Erst vom „Sehen“ kommt „Seele“ ins Leben hinein. Und das gibt wirklich eine „höhere“ Stufe in der Existenz. Das Erkennen und das Wissen schaffen das Wollen und das Wählen, schaffen die Freiheit und die Freude. Von alledem wissen die Pflanzen nichts, ihr Leben ist passiv. Tiere sind aktive Wesen. Ist dieser Unterschied nicht gewaltig und wunderbar? Da bildet das Leben ganz neue Organe aus: Augen, Ohren, Nerven, Muskeln, bewegliche Glieder, Füße zur Fortbewegung, Flügel, Flossen und so weiter. Und diese „Seele“, die das alles gebrauchen und anwenden will und kann, sucht bald nach gewissen Gebärden und Lauten, um untereinander Mitteilung und Verbindung zu finden. Wir wollen es noch nicht „Sprache“ nennen, aber es ist schon eine Vorstufe möglich, es ist auf dem Wege dahin. Denn nur noch ein wenig schafft das Leben sich selber weiter.


Das Menschenleben

Was bleibt für die Aufstufung übrig? Anscheinend gar nicht mehr viel. In der Gestaltung der lebendigen Form und des Gebrauches der Glieder und Organe unterscheiden sich Tiere und Menschen kaum. In der Erhaltung und Fortpflanzung und in der Gemeinschaftspflege gleichen sie sich fast. Ein ganz großer Unterschied ist aber doch da. Das Leben hat für das Denken der Seele ein größeres Ausmaß ermöglicht und vorbereitet, und doch immer noch im Rahmen der Existenz des Lebens und der Eskalation in Richtung desselben Zieles „All-Leben“.
Das ganze Leben erfasst auch das höchstentwickelte Tier mit seiner Seele nicht, denn sein Denken, Erkennen und Wollen begrenzt sich auf die eigene vitale Existenz. Der Mensch aber soll weiterdenken. Ihm, nur ihm, gab das Leben alle aufgestuften Organe dazu: das kompliziert geordnete Gehirn, um in geformten und geordneten „Begriffen“ theoretisch auch die ganze „Welt“ konkret wie abstrakt zu erkennen und zu nutzen – in Worten, die die Gemeinschaft und die Dauer festhalten. Erst so ist die Zielstufe des „Lebens“ erreicht und in die absolute Wirklichkeit der All-Existenz eingeordnet. Auf das unbegrenzte, abstrakte „All“ kommt es an. Im Begriff der All-Existenz erfassen wir die rätselhafte Polarität der realen Wirklichkeit und des ideellen Denkens in Begriffen, im Wissen und Wollen, im Gestalten und Mitteilen. Das wieder ist eine ganz abstrakte Welt für sich. Und diese ist in ihrer Allsamkeit nur dadurch möglich, dass – in uns denkenden Menschen – das geistige Leben als die höchste Sonderstufe der All-Existenz alle nötigen Organe bereitgestellt findet und sinngemäß zu benutzen weiß. Das kann für lebendiges Denken und Erleben nicht „Zufall“ heißen.
Diese Ahnung eines zugrunde liegenden Zielwillens führt zur letzten Klärung aller Widersprüche. Die All-Existenz leitet durch ihre polare Eskalation unsere Seele selbst zu der Erkenntnis: Alle kausale Verbindung in der Welt-Wirklichkeit ist auch im Rückwärtsschauen sichtbar als von Anfang her gewollte Zielstrebigkeit: Ein Allwille am Anfang muss das sein, was die ganze Waltung der Welt als abstraktes Urmotiv, als „Motor“ in Bewegung bringt. Ein Allwille, zugleich auch Allwissen und Allmacht, als abstrakte, also unbegrenzte Urpotenz denkbar und begreifbar, wäre dann, wahrlich im „Grunde“, genau das gleiche, was als Grundbegriff für die besondere Denk- und Sprechweise der Religionen bestimmend ist: Wir finden hier in formal abstrakter Begriffsform die Gottesidee! Genau das gleiche! Diese Denksynthese ist entscheidend wichtig für unsere Zeit als letzte Klärung der Grundbegriffe. Der große scheinbare Widerspruch in den Lebensanschauungen und Denkantithesen wird in einer Synthese plötzlich überbrückt. Dieser abstrakte Begriff „All“ in der geistigen Ausweitung kann auch vom heutigen jungen, freidenkenden Menschen, ganz ohne Traditionen, begriffen und als Existenzwirklichkeit ahnend verehrt werden. Damit wäre ein wenigstens duldendes Verständnis auch für das religiöse Denken (und Sagen und Wollen) gewonnen. „Wir“ (wir alle!) werden beim Selbsteinfühlen in diese Denkwelt sogar die vollkommen transzendente, synthetische Formel für ein All-Denken und All-Leben fertig vorfinden: im Christentum. Es soll nur der Christus recht verstanden sein! Er sagt „uns“ alles Notwendige zur Grundbegriffsklärung in seiner ausdrücklichen Definition (Joh. 24) der Gottesvorstellung: „Gott – ist – Geist!“ Das führt er weiter aus, lebensnah, aber immer abstrakt: „Die Ihn anbeten, müssen Ihn im Geist und (also) in der Wahrheit anbeten!“ – „Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen!“ – „Solches alles habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen sei!“ Hier haben wir schon die ganze „erlösende“ Synthese. Denn „frei“ heißt ja „erlöst“ – von allem Fehldenken, von aller konkreten Begrenzung. Die abstrakte Wahrheit ist frei! Für jeden Einzelnen ist hier der Weg zur Grundbegriffsklärung schon frei. Er hat unser Vertrauen gewonnen, wir nennen uns ja nach ihm „Christen“. Er aber spricht, sehr bestimmt gezielt: „Denkt anders!“ – „Gott ist Geist!“ Das ist der Weg. Es ist ein Weg: Der Weg des Geistes und des Lebens – beides ist eins, aber in polarer Gegenläufigkeit.
 
In diesem Sinne habe ich schon vor vielen Jahren auch wissenschaftlich viel ausführlicher geschrieben: „Selbstkritik des Christentums“. Dafür wird ein Verleger gesucht! Wer interessiert sich vielleicht dafür? Ich würde für eine erste Auflage kein Honorar erwarten. Es könnte sich aber später lohnen, denn es ist ein hochaktuelles Thema. Auch für diese hier vorliegende kurze Schrift suche ich einen Verleger. Einstweilen ist für diese Schrift Nachdruck sogar erwünscht, ohne jeden eigenen Anspruch, auszugsweise oder ganz. Mir liegt nur an der Verbreitung dieser leitenden Ideen zur Denksynthese.
Es ist stets der eine Weg: Vom Allgrund her, vom Allgeist, Allwissen und Allwillen, wozu wir gewöhnlich einfach „Gott“ oder „Gottheit“ sagen, geht auch das religiös formierte Denken diesen Weg – durch die Weltwaltung der absoluten, kosmischen Existenzordnung hindurch bis in unser menschlich einzeleigenes Geistleben hinein. Wir erleben es geistig als „allsam“, als dem All urlogisch verbunden. Wie man den Urgrund, den Wirkungsmotor schließlich nennen will, das bleibt uns frei. Niemals werden sich alle Menschen in Wort und Begriff ganz und gar einigen. Es ist aber ein Geistdenkweg möglich: vom All zum Einzel, vom Einzel zum All. Wir schauen hier wie in ein Spiegelbild. Ich gehe diesen Weg: Geist – Allweltexistenz – Leben – Menschsein – Gott ist Geist.
 
„Das Leben – lebt! Und ist viel mehr als wir! Es lebt – in mir, in dir, und immer hier. Es ist die Kraft, die alles Wirken treibt. Wir bleiben nicht, das Leben aber bleibt. Der Geist kann uns die volle Wahrheit geben: Wir glauben an ein Ewiges: Das Leben!“ Das ist das Allgewollte, das „All-Leben“ – für alle Menschen denkbar, fast denknotwendig, aber „abstrakt“, frei von aller Begrenzung.
 
 
Keitum (Sylt), Magnus Weidemann