Zum Pamir-Untergang hier aus Seemanns- und Ingenieurssicht
|
|
Über dieses Unglück eine plausible Aussage erarbeiten das
heißt, sich einem hohen Anspruch zu stellen und im Vorhinein möglichst alle vorausgesetzten Fragen ohne subjektive
Beigaben zu untersuchen. Die Fragen lauten bekanntermaßen: Welche fachliche Qualifikation besaßen Schiffsführung und
seemännische Mannschaft; welchen sachlichen Zustand hatte das Schiff; wie war der Stand der Funktechnik, der Stand der
Wettermeldungsfolgen; was zeichnete den Wirbelsturm Carrie aus; welche Eigenschaften kennzeichnen Gerste-Schüttgut;
was enthält die Differenz zwischen den Stabilitäten eines Motorfrachters und einer Viermastbark am selben Ort im
selben Orkanfeld. Die Problematik der Diskussion eines objektiv abgelaufenen oder ablaufenden Geschehens
besteht in der Differenz zwischen Wirklichkeit und Wahrheit. Wahrheit ist Folge eines Denkvorgangs, dem subjektive Absichten, Argumentdefizite,
Widersprüchlichkeiten, Deutungsunschärfe innewohnen. Deren Einwirkungen auf ein in sich selbst möglichst widerspruchsfreies
Denkergebnis können aber weitgehend ausgeschlossen werden, sind also minimierbar. Wirklichkeit ist denkunabhängig, selbst dann,
wenn sie Handlungsfolge einer zuvor ausgeübten Denkentscheidung ist. Wirklichkeit geschieht eben. Wirklichkeit passiert,
und sie passiert andere Wirklichkeiten, z. B. die Wirklichkeit des Beobachtetwerdens. Was der Beobachter über ein ablaufendes oder abgelaufenes
Wirklichkeitsgeschehen denkt und welchen Schluss er daraus zieht, kann nur in Folge dieses Geschehens stattfinden. Zu ein- und derselben
Wirklichkeit entwickelt jeder Mensch, der sich mit ihr befasst, die eigene Wahrheit, die sich in bestimmten Details von allen anderen
Individual-Wahrheiten unterscheidet. Die Gemeinsamkeit besteht in der Anwendung von Grammatik, Logik, Denkstruktur; die Individualisierung
erfolgt dadurch, dass wir uns auf unsere Weise, gesteuert durch Intentionen und Weltanschauung, ausdrücken. Die Wahrheitsfindung der
Pamir-Katastrophenwirklichkeit muss also genauso dieser Vielfalt unterliegen.
|
Zur sachlichen Qualität der Pamir und zur professionellen Qualifikation
der Schiffsführung, die in grober Betrachtung die Qualifikation der Mannschaft einschließt, gibt es viele kompetente Aussagen
aus jenen Jahren, ausgewiesen in Veröffentlichungen, beispielsweise bei Horst Willner in seinem Buch Pamir, ihr Untergang und
die Irrtümer des Seeamtes. Ferner gibt es zur Qualifikation der Anweisungen der Schiffsführung kompetente Aussagen überlebender
Leichtmatrosen, die sich damals immerhin im dritten Lehrjahr befanden. Aus welchen Gründen auch immer, zumeist aus durchsichtigen, werden die
Aussagen fach- und sachkompetenter Experten von wenigwissenden Laien nicht nur oft angezweifelt, sondern als von bestimmten Interessengruppen
abhängig, sprich: als verfälschend bezeichnet. Ideologisierte Internettexte und Buchrezensionen zeugen von dieser Arroganz. Es ist
dabei besonders fatal, dass Verbreitungen dieser selbstgefälligen Laien ein großes Publikum eher ansprechen als die fundierten
Publikationen befähigter Autoren, denen die Verfälscher hier und da Verfälschungsabsichten unterstellen. Auf alle
Fälle darf dem Vorgänger des letzten Pamir-Kapitäns Diebitsch, nämlich Kapitän Hermann Eggers, in seinen
im Willner-Buch und auch woanders abgegebenen Stellungnahmen der bestmögliche Nachvollzug dessen zugestanden werden, was die
Pamir-Schiffsführung am Unglückstag im September 1957 entschieden und wie sie gehandelt hat. Auch anderen
Großseglerkapitänen und Personen, die Johannes Diebitsch beruflich und privat gut gekannt haben, ist unumwunden zu glauben
(wem sonst) im Gegensatz zu jenen, die sich in ihrem eigennützigen Vorteils- oder Genugtuungsdenken anmaßen, dem Schiff, den
Betreibern des Schiffes und der Schiffsführung Ursache und Schuld zuzuweisen. Nicht zuletzt müssen in fachlicher Hinsicht
die Erfahrungsberichte der geretteten drei Leichtmatrosen beachtet werden, denn im dritten Lehrjahr werden Vorgesetzten-Anweisungen
schon recht beurteilungsfähig ausgeführt. Da der Schiffsuntergang und seine Voraussetzungen sich objektiv vollzogen
haben (aus welchen subjektiven Gründen auch immer), die Schiffsführung aber ums Leben kam, konnte und kann eine weitgehend
wirklichkeitsgetreue Beschreibung des Gesamtgeschehens nicht stattfinden. Auch das Lübecker Seeamt musste auf Mutmaßungen,
Expertisen, Wahrscheinlichkeiten, plausibel klingende Folgerichtigkeiten usw. zurückgreifen. Ein großer Fehler im Seeamtsspruch von 1958 liegt
darin, dass Großseglerkapitäne nicht daran mitgewirkt hatten. In meinem Anfang 2007 herausgegebenen Buch Pamir und Passat
die letzten deutschen Handelssegler sind zeitgenössische Fachdokumente zu finden, die eine Schuld des Kapitäns Diebitsch
so gut wie sicher ausschließen. So wird aus meteorologischer Sicht deutlich, dass Wirbelsturm Carrie einen Tag zuvor eine
atypische Marschrichtungsänderung nach Nordost eingeschlagen hatte und die Schiffsführung gewissermaßen hinterrücks
attackierte, denn die Schiffsführung konnte von dieser Kursänderung erst spät zu spät Kenntnis nehmen. Die
kurze Zeitspanne zwischen Kenntnisnahme und Ankunft des Wirbelsturms zwang den Kapitän, so viele Segel setzen zu lassen wie es
nur irgend zu rechtfertigen war, und einen anderen Kurs einzuschlagen als einen Tag zuvor noch geplant. Es galt nichts anderes, als
aus der heranrückenden Hurrikanfront mit größtmöglichem Tempo heraus zu kommen. Doch dieses Tempo lag unter den gegebenen
äußeren Umständen weit unterhalb einer Geschwindigkeit, die ein auch nur mittelschneller Motorfrachter jetzt hätte
aufbringen können.
|
Kapitänsverantwortung, was sonst, muss
auf Wetterumschwung reagieren und Handlungsbefehle ausgeben. Oder doch vielleicht Juristen-, Journalisten-, Fernseh-, Film- und
Buchautorenabsichten? Sind derart Leute mit an Bord gewesen? Überhaupt jene schlaue Landratte, die durchweg alles besser
weiß?
|
Dem letzten Pamir-Kapitän, J. Diebitsch, wird sowohl im
Spruch des Seeamtes vorgeworfen wie auch von Leuten, deren Sachkenntnis bei weitem nicht ausreicht, dass er in Buenos Aires die
Schiffsstabilität durch unsachgemäßes Beladen mit geschütteter Gerste reduziert habe. Gerste
füllt Räume etwa so, wie Wasser Räume füllt. Gerste fließt nahezu wie Wasser, auch wenn sie ein geringeres
spezifisches Gewicht aufweist. Zieht ein Landwirt einen gerstebeladenen offenen Wagen in die Kurve, so kann das Getreide ähnlich
Wasser leicht über den Wagenrand schwappen. Zur Sicherung gegen großräumiges Verrutschen von Getreide werden
die Laderäume eines Schiffes mit Schotten bis heran an die Lukenöffnungen unterteilt. Zwar sackt Getreide in den ersten
Tagen bis zu 2% ab, aber dann bleibt es in seiner Dichte und die abgeschotteten Teilräume weisen ein kleines ungefülltes
oberes Volumen auf, was nicht zu einem instabilen Verhalten des ganzen Schiffes führt. Rutschbewegungen infolge Schiffskrängungen
können nur innerhalb dieses Freiheitsgrades auftreten, sofern die Geschlossenheit der Teilladeräume erhalten bleibt. Gegensätzlich
zu Wasser hält allerdings bei einer Gerste-Schrägladung der Schrägzustand eines Schiffes aus physikalischen Gründen
im Getreide-Verhalten länger an. Auch die Ballasttanks der Pamir waren statt mit Wasser mit Gerste gefüllt und so waren
Rutschbewegungen auch hier wegen des hohen Ausfüllgrades so gut wie ausgeschlossen. Sie wären allerdings wegen der Tieflage der Tanks
wenig wirksam gewesen. Wasser hätte die Menge der nutzbaren Fracht reduziert, wenngleich es den Gewichtsschwerpunkt des Schiffes etwas
weiter nach unten gesetzt hätte. Man kann grob damit rechnen, dass Gerste etwa um 30% leichter ist als Wasser. Dennoch die
Pamir hatte soviel Gerste an Bord, dass ihr Tiefgang kein weiteres Ladungsgewicht zugelassen hätte. Eine Stabilitätsdifferenz
infolge Gerste oder Wasser hat also in entscheidendem Maße nicht auftreten können, das besagt eine Überschlagsberechnung der
Volumenverhältnisse in den Ballasttanks und in den Laderäumen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Höhenlagen im Schiff.
Physikalisch entscheidend kann nur eine bei Schieflage zur Instabilität führende Differenz zwischen dem Schwerpunkt im allgemeinen
Schiffsgewicht und dem Schwerpunkt in der vom Unterwasserteil des Schiffes verdrängten Wassermenge sein. Eine gute Tieflage des Schwerpunktes
im allgemeinen Schiffsgewicht erhöht dabei den Stabilitätsfaktor. Es ist hilfreich, ja notwendig, sich diese Gesetzmäßigkeiten
vor einer subjektiven Beurteilung der Pamir-Tragödie objektiv zu verdeutlichen.
|
Braucht jene schlaue Landratte nicht, da sie schon
alles besser weiß.
|
Ein im ruhenden Wasser eingetauchter ruhender Körper, z. B. ein
Schiff, erfährt eine Kraft entgegen der Schwerkraft, die als hydrostatischer Auftrieb bezeichnet wird. Das Archimedische
Prinzip besagt, dass die hydrostatische Auftriebskraft gleich dem Gewicht des durch das Schiff verdrängten Flüssigkeitsvolumens
ist. Das verdrängte Wasservolumen entspricht demjenigen Schiffsvolumenteil, der unter Wasser bis an die Schnittebene
mit dem Wasserspiegel reicht. Die hydrostatische Auftriebskraft greift im Schwerpunkt der verdrängten Wassermenge an und
das Schiffsgewicht greift im Schwerpunkt des Schiffes an. Die 90° zur Wasseroberfläche aufwärts strebende Wirkungslinie
des Auftriebes deckt sich mit der 90° zur Wasseroberfläche abwärts strebenden Wirkungslinie des Schiffskörpers. Krängt
nun das Schiff, so verschiebt sich der Schwerpunkt der verdrängten Wassermenge relativ zum Schwerpunkt im ruhenden Zustand. Zwischen
beiden Punkten entsteht ein Hebelarmeffekt mit Einfluss auf die Schiffsstabilität. Den Schnittpunkt beider Wirkungslinien
nennt man Metazentrum. Liegt dieses Metazentrum höher als der Gewichtsschwerpunkt des Schiffskörpers, so schwimmt
das Schiff stabil. Fallen beide Punkte zusammen, so schwimmt es labil; im dritten Fall ist die Lage instabil und das Schiff
kentert. Je höher der Schiffsgewichtsschwerpunkt, umso eher kann bei gleichem Krängungsgrad
die instabile Lage entstehen. Dass die Gesamtsituation physikalisch viel schwieriger zu erfassen ist, wenn ein im Grundsatz stabil
gehaltenes Schiff sich in einem starken Sturmfeld mit hohem und ungünstig einwirkendem Seegang befindet, lässt sich
nach dieser Betrachtung leicht einsehen. Es ist also weiterhin von großem Vorteil, wenn sich der Beurteilende einer Gesamtsituation,
wie es sie beim Pamir-Untergang gab, auch mit gewissen physikalischen Gesetzmäßigeiten des Wind- und Seeverhaltens
auseinandersetzt. Ich will ein paar Punkte aufzeigen, die zu einer Schiffsstabilitätsbelastung ihren Beitrag
leisten: Übergehen von Ladung starker Winddruck, ungünstiger Seegang Wassereinbruch, freie
Flüssigkeitsoberflächen z. B. in halb gefüllten Tanks, Wasseraufsaugen der Ladung Flutwinkel (größere
Schiffsöffnungen kommen zu Wasser) Schiffsfestigkeit (Biegung, Querkräfte) und einiges
mehr, wobei auch von der Schiffskonstruktion oder Schiffsbeladung herrührende Ergebnisse entscheidend einwirken können wie
beispielsweise Betriebskrängungsversuche (für die Anfangsstabilität, z. B. beeinflusst durch
Freibordhöhe) Rollversuche (Rollzeitmessung bei max. 5° Rollwinkel) Hebelarmkurve und
Schwerpunktverschiebung Trimmrechnungen, wobei der Trimm die Differenz zwischen vorderem und hinterem Tiefgang
darstellt, Tiefgangsablesungen an den Ahmings beider Schiffsseiten Durchbiegungswerte des
Schiffes Getreidestabilität (im Bulk international geregelt, es gibt verbindliche Stabilitätskriterien und
vorsorgliche Einhaltung einer Stabilitätsreserve für den Fall des Übergehens von Getreide).
|
Auf der Pamir gab es hinsichtlich der spezifischen Gewichte
von Wasser und Gerste lediglich jene stabilitätswirksame Differenz, die sich auf die Ballasttank-Inhalte bezog. Als kurz
vor dem Untergang das Schiff durch den ungeheuren Winddruck in das Rigg und sicherlich auch infolge ungünstiger achterlicher
Seen eine Schlagseite von 45° und mehr einnahm und mit allen zerstörerischen Konsequenzen, ist die Schüttgut-Gersteladung
übergegangen, wahrscheinlich durch Aufhebung der Geschlossenheit der Teil-Laderäume. Das führte dazu, dass die Schieflage
beibehalten und die Schiffsstabilität von der See weiter verschlechtert und letztlich ebenfalls aufgehoben wurde. Das in
Buenos Aires bis zur Tiefgangsmarke beladene Schiff war vorher einem Rollzeitversuch unterzogen worden (Rollperiode). Man bringt
den Schiffskörper um seine Längsachse zum Schwingen, indem viele Menschen auf Kommando von der einen Schiffsseite
zur anderen eilen und dort auf Kommando stehen bleiben. Das Schiff wird gewissermaßen zu einem Pendel. Die Schwingungsdauer
werden wiederholt notiert und man erhält auf diese Weise und unter Berücksichtigung bestimmter einschränkender
Gegebenheiten Rechenergebnisse, die über das Stabilitätsverhalten des Schiffes Wichtiges aussagen. In einem
Sturmfeld aber, draußen auf See, wird ein Schiff nicht durch Versuche, sondern durch natürlich einwirkende Kräfte
zu einem schwingungsfähigen Gebilde. Besitzt dieses Schiff durch Ladung in den Ladungsräumen den zulässig größten
Tiefgang und ist der Gewichtsschwerpunkt der tiefstmögliche, so ist der Stabilitätsfaktor der beste. Dass die
Getreide-Schüttgutladung der Pamir deshalb weniger fachgerecht gestaut gewesen
sei, weil wegen eines Streiks Soldaten und ein Teil der Mannschaft zur Ladung abgestellt worden waren, ist eine laienhafte Behauptung.
Der fließenden Gerste war es egal, wer die Elevatoren hielt, wer die Gerste trimmte und sie zum Schluss mit gefüllten
Kornsäcken belegte. Die Berufsanfänger, Schiffsjungen, standen unter guter fachmännischer Beobachtung, die auch
den einheimischen Ersatz-Arbeitern galt.
|
Es geht wieder 'raus.
Kein Klugschnacker an Bord.
|
Auch wenn eine Viermastbark und ein Motorfrachter sich am selben Ort im
selben Orkanfeld befinden und beide ihren größtmöglichen Tiefgang haben, so besteht doch zwischen ihren Verhaltensweisen
ein großer Unterschied. Der Gewichtsschwerpunkt liegt beim Segler mit seinen schweren Rahen schon rein konstruktiv höher,
also weniger günstig als beim Motorschiff. Hinzu kommt, dass der Wind viel stärker in das Rigg des Seglers
drückt als in die vergleichsweise vernachlässigbare Takelage des Motorfrachters. Darum musste Kapitän Diebitsch
ja zwingend versuchen, aus der tatsächlichen Marschbahn des Wirbelsturms unverzüglich heraus zu kommen. Er hatte
erst kurz vor dem Zusammentreffen von Carrie und Pamir die atypische Marschrichtungsänderung
des Orkans zur Kenntnis nehmen können. Die vorletzte Wettermeldung mit der Vorhersage des anderen, für Kapitän Diebitsch
nach wie vor noch gültigen Carrie-Kurses lag einen langen Tag zurück.
|
Jeder weiß, was zu tun ist, oder
er erlernt es.
|
Wer den Aufsatz PAMIR-Katastrophe im meteorologischen Aspect
im Buch Pamir und Passat die letzten deutschen Handelssegler seinem ganzen Sinne nach erfasst hat, wird die Entscheidungen
des Kapitäns besser, d.h. gerechter verstehen. Der Artikel versucht, und das vor allem zeitnah und ohne jede abschweifend-verfälschende
Absicht, die Handlungsweise des Kapitäns objektiv nachzuvollziehen. Kritik als die Kunst des Beurteilens braucht vor ihrer Aussage die Antwort
auf jede vorausgesetzte Frage. Es bedeutet Arbeit, um beispielsweise als Arzt * oder Reporter * komplexe physikalische und technische
Zusammenhänge objektiv zu erfassen plus jene Hintergründe, die dem Nautiker als Fundament seiner oft über Wohl und
Wehe getroffenen Entscheidungen ganz selbstverständlich sind. Der Arzt ergriffe rechtliche Schritte, würfe der Nautiker-Laie ihm
vor, er sei bei der letzten Herzoperation eingeschlafen und wäre gegenüber Pharmazeuten bestechlich, weswegen vor Jahren
eine Patientenreihe zugrunde gegangen sei, sagen wir von 86 80. Der Reporter schlüge sich auf die interessantere Seemannsseite, beschriebe
dabei seine politische Welt und wäre im alten Hass auf ärztliche Großverdiener immer noch geprägt, denn sie entstammten ja
den gehobenen Kreisen im ultrakonservativen Nachkriegsdeutschland * . Sein Freund, ein Filmemacher, würde für das nächste Projekt
die Tochter des Kapitäns mit dem Arztsohn verquicken und der Ruf dessen Vaters wäre ruiniert ob dieser den Prozess gegen den
Kapitän gewinnt oder nicht. * bewusst so gewählt man surfe nur ein wenig pamirbezogen im Internet herum, auch,
um diese Story gedanklich einzuordnen.
|
Der Vorsitzende des Lübecker Seeamtes, Amtsgerichtsrat Luhmann, hatte zur
Ausarbeitung des Seeamtspruches nicht nur auf das Wissen kompetenter Pamir- und Großsegler-Kenner verzichtet, dafür
die Mitwirkung see-unerfahrener Universitätstheoretiker vorgezogen, sondern er hatte auch die Einwürfe des Studienrates
an der Hamburger Seefahrtsschule und Mitarbeiters an der Schiffbauversuchsanstalt, Dr. Hebecker, während der Verhandlung abgelehnt *. Dr. Hebecker,
mittlerweile Sachverständiger der Pamir- Reederei Zerssen & Co., errechnete aufgrund des präzise verfassten
Funktagebuches der Absecon, die an der großen Rettungsaktion beteiligt war, und aufgrund von Funkaufzeichnungen
anderer Schiffe, dass die letzte Positionsmeldung der Pamir falsch sein musste (35°57' N, 40°20' W), notgedrungenermaßen
herrührend durch Sextanten-Messung im Hurrikan, d. h. ohne Sonne und Horizont, also mehr Schätzung als Genauigkeit.
Das Wirbelsturmzentrum lag lt. dem Meteorologen Dr. Rodewald vom Seewetteramt Hamburg etwa 25 sm südlicher, und nur hier
konnte die volle Wucht des Hurrikans die Pamir so relativ schnell unter Wasser drücken, wie die Überlebenden
es berichtet haben. Die Überlebenden und auch Wrackteile wurden von der letzten Positionsangabe aus viel zu weit südlich
aufgefunden, als dass sie dorthin hätten treiben können, und leider wurde zunächst und vergeblich im angegebenen
Seefeld gesucht. Dr. Hebecker wies nach, dass unter einem solchen Umstand die viel größere
Frachtfähre Toya Maru 1954 mit Mann und Maus untergangen war. Die von den Pamir-Überlebenden
beim Untergang ihres Schiffes gesehenen hohen gelben Fontänen entstanden durch die Zerstörung des Rumpfes der Pamir,
so der Schiffsstabilitäts-Experte, denn auch die Toya Maru war völlig zerstört worden, und vier weitere
Frachtfähren kenterten in jenem Gebiet ebenfalls, alle größer als die Pamir. Alles
das sind Rekonstruierversuche, jedoch mit anderen, seriösen, in sich schlüssigen Ansätzen, denen als Absicht ihrer
Verfasser das eine nur innewohnt: zu objektivieren und nach Ursachen zu forschen. Schuld zu behaupten, um mit diesem Mittel
gesellschaftspolitische Zustände zu ideologisieren, mit denen eine Tragödie wie der Pamir-Unfall
gar nichts zu tun hat, ist mit einem einzigen Wort verwerflich. Es entlarvt. * Der
Spiegel, 23. Juli 1958.
|
Es geht wieder 'raus. Klugschnacker
bleiben an Land.
|
Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. G.C.Lichtenberg
(1742-1799), Physiker. *** Sachbezogene Referenz: Staatliche Seefahrtschule Cuxhaven Stabilität, Trimm, Schiffsfestigkeit, Ws
09.09.06.
|