Datum: 18. Jun 2007 20:41 Betreff: PAMIR im SPIEGEL
Hallo Herr Entz-von
Zerssen, danke für die SPIEGEL-Mitteilung. Ich wusste es (ahnte es schon sicher), dass Soyener auf dieser billigen Ebene beim Lübbe-Verlag
zu seinem Erfolg kommen will. Laien schreiben für Laien und haben damit oftmals ihren Umsatz (siehe TITANIC, LENGEDE usw., und eben
auch PAMIR). Jedenfalls reicht das, was der SPIEGEL als Dokument oder als Zitat wiedergibt, keineswegs als ein Beweis für all diese
Negativ-Behauptungen aus. Die meisten Argumente sind bisher sogar lachhaft. Ich habe viele Experten-Aussagen, die das bestätigen. Und es gibt
viele Experten-Aussagen, die das Gegenteil nach wie vor begründen können. Soyener mag sicherlich ein rechtschaffener Mann sein, aber
er kann die Komplexität des Gesamtgeschehens, das zum Pamir-Untergang führte, nicht durchblicken. Vor allem bedeutet das immer: Arbeit,
Studium, Recherche, Mathematik, Logik, Ernsthaftigkeit, Wahrheitsliebe, echte Hingabe zur Geschichtlichkeit. Schöne Grüße, Ihr
Erich R. Andersen
Mein ungekürzter Leserbrief an den SPIEGEL:
Zu "Die Seelenverkäufer", DER SPIEGEL Nr. 25/18.06.07.
Arrogante Laien maßen sich an, über das historische Gesamtgeschehen, das zum Untergang der "Pamir" führte, ein wahrhaftiges
Urteil abzugeben, und ihre irrationalen Vorstellungen werden vom überwiegend laienhaften Publikum allemal eher aufgenommen als jede Expertenkenntnis.
Das allerdings wissen die Wirklichkeitsverzerrer. Was der Artikel an Dokumenten und Meinungen aufweist (auch solchen, die dem Zweck hinmanipuliert
sind), reicht bei weitem nicht aus, um dem Lübbe-Schriftsteller Soyener glauben zu können. Diesen Verdacht habe ich ihm bereits Anfang Februar
in Lübeck mitgeteilt. Der SPIEGEL-Artikel enthält fachliche Selbstverständlichkeiten (z.B. Wiederholung von Anweisungen an Bord), die als
negative Besonderheit missbraucht sind, und Daten (z.B. die Codierung von Unfallmöglichkeiten), wie sie auch heute noch im Gebrauch sind. Nach 50
Jahren lässt sich eine überzeugende Be-(Ver-)urteilungs- qualität nicht mehr glaubwürdig hervorkonstruieren. Die Beweisführung
durch alte Dokumente misslingt offensichtlich. Hingegen sprechen zahlreiche zeitnahe Dokumente, Erlebnisberichte, Fachaufsätze und -stellungnahmen
in meinem Anfang dieses Jahres erschienenen Sachbuch jene Sprache, die nicht davon ausgeht, eine möglichst große, zahlende Leserschar zu gewinnen,
sondern nur das eine zum Ziel hat: dem Ablauf der Wirklichkeit in ihrer ganzen Komplexität so nahe wie möglich zu kommen.
Erich R. Andersen,
Herausgeber "Pamir und Passat die letzten deutschen Handelssegler", ISBN 978-3-939533-53-5